Dienstag, 27. Juli 2010

Schrott für Gaza



Mehr Fotos aus dem Gaza-Streifen hier. Nach einem Hunger-Apartheids-Regime sieht mir das nicht aus.

Gil Yaron

Immer mehr internationale Hilfskonvois versuchen, die Belagerung Gazas zu durchbrechen. Ein großer Teil der Medikamente, die Gaza geschenkt werden, stellt jedoch eher eine Gefahr denn eine Hilfe dar. Lieferungen verfallener Arzneimittel sorgen in Gaza für Probleme.

Ende Mai endete der Versuch eines internationalen Hilfskonvois, die israelische Blockade Gazas zu bruchbrechen, in einem blutigen Medienspektakel. Israelische Soldaten töteten bei der Übernahme eines Schiffes neun Aktivisten und sorgten für einen weltweiten Aufschrei. Die Organisatoren des Konvois erklärten, mit ihrer Hilfslieferung die schwere humanitäre Krise in Gaza lindern zu wollen. Doch eine Untersuchung mancher Lieferungen zeigt, dass die Spenden anscheinend weniger humanitäre als politische Ziele verfolgen. Die Spenden könnten die Notlage sogar verschärfen.

Die Regale im Lagerhaus des Gesundheitsministeriums in Gaza sind mit gespendeten Gütern aus dem Ausland gefüllt. Doch statt ihn zu erfreuen, bereiten diese Gaben Munir al Bursch, Leiter der Abteilung für Spenden im Ministerium, Sorgen: „Nur etwa ein Drittel der Hilfslieferungen, die Gaza seit Ende des letzten Krieges (im Januar 2009) erreichten, konnte den Ärzten und Krankenhäusern wirklich zu gute kommen“, sagte Bursch dem arabischen Fernsehsender Aa-Jazeera. Der Rest sei gespendet worden, lange nachdem das Verfallsdatum bereits abgelaufen war. Dr. Mahmud Bahar, Leiter des Büros der Weltgesundheitsorganisation in Gaza, bestätigt: „Wir haben keine genauen Statistiken, aber mindestens 20% der Lieferungen sind unbrauchbar“, sagte er uns.

Mitten im Lagerhaus in Gaza stehen Riesenkartons mit Tamiflu, dem Medikament gegen Hühnergrippe: „Diese Lieferung war rund zwei Million US-Dollar wert, aber die Epidemie ist längst vorbei. Manche Länder wollen nur ihre überschüssigen Bestände loswerden“, sagt al-Bursch. In einer Ecke stehen Dialysemaschinen: „Die waren schon längst kaputt, als man sie uns spendete“, sagt ein Angestellter. Nun verrosten sie im feuchten Sommer Gazas. Den Vogel schoss die IHH, die türkische Organisation des internationalen Hilfskonvois, ab: Sie schickte Arzneimittel, die seit August 1997 nicht mehr benutzt werden dürfen.

Die Behörden stellt das vor Probleme: „In Gaza gibt es keine Verbrennungsanlagen, um Medikamente fachgemäß zu entsorgen“, sagt Tony Lawrence, Sprecher der WHO in Palästina. Die Behörden sind gezwungen, die verfallenen Medikamente auf die Müllhalden Gazas zu kippen, von wo sie ins Grundwasser sickern können. Das schützt zwar die Kranken vor unerwünschten Nebenwirkungen, gefährdet aber Umwelt und die Bewohner Gazas.

Gruppen aus dem Libanon, Iran, der Türkei und Europa wollen weitere Schiffe entsenden. Doch gerade Spenden aus muslimischen Staaten seien oft unbrauchbar, sagte eine Quelle im Gesundheitsministerium in Gaza, die anonym bleiben wollte. Sie betrachtet die Ankündigung von privaten Organisationen, weitere Konvois zusammenstellen zu wollen, mit Skepsis. Ein arabischer Staat versorgte das Gesundheitsministerium mit einer makabren Lieferung: Hunderte kurze, weiße Leichentücher für Kinder. „Es ist eine Schande, dass sie uns das schicken“, sagte al-Bursch. Die Quelle im Gesundheitsministerium erklärte, man fühle sich zynisch von den arabischen Brüdern missbraucht. Ihre „Hilfslieferungen“ wollten aus dem Medienrummel um Gaza nur politisches Kapital schlagen.

AchGut

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