22.03.2010
Herzlichen Glückwunsch, Arabische Liga!
von David Harnasch
Am 22. März 1945 wurde die Arabische Liga gegründet, David Harnasch setzt sich zum 65. Geburtstag des Staatenbundes mit den zwei aktuellen Themen der Liga auseinander: die "Arabische Charta der Menschenrechte" und Israel und Palästina.
Vor allem zu zwei Themen hört man von dem Staatenbund: 2004 wurde die „Arabische Charta der Menschenrechte“ verabschiedet, die freilich nicht bindend ist und ihre Anführungszeichen auch sonst redlich verdient – wobei man wenigstens hoffen darf, dass sie eines Tages bei der Demokratisierung der Region ähnlich segensreich wirkt, wie die KSZE-Schlussakte beim Niedergang der Sowjetunion. Das Schicksal der Palästinenser ist vorgeblich das andere große Anliegen des Vereins seit seiner Gründung. Grade deren Leidensweg beweist, dass keine Feinde braucht, wer solche Freunde hat.
Azzam Pascha, der erste Präsident der Liga gab 1947 gegenüber jüdischen Unterhändlern die bis heute gültige Richtung vor: „Die Arabische Welt ist nicht in der Stimmung für Kompromisse. Wahrscheinlich ist Ihr Plan vernünftig und logisch, aber das Schicksal von Nationen wird nicht durch vernünftige Logik entschieden. Nationen machen niemals Zugeständnisse, sie kämpfen. Mit friedlichen Mitteln oder Kompromissen werden Sie gar nichts bekommen. Vielleicht werden Sie etwas erreichen, aber ausschließlich mit Waffengewalt. Wir werden versuchen, Sie zu besiegen. Ich bin nicht sicher, ob wir Erfolg haben werden, aber wir werden es versuchen. Wir haben die Kreuzzügler vertrieben, dafür haben wir Spanien und Persien verloren. Vielleicht werden wir Palästina verlieren. Aber es ist zu spät, um über friedliche Lösungen zu sprechen.“
Dass Palästina tatsächlich an die Juden verloren wurde, hat die Arabische Liga bis heute weder akzeptiert, noch verstanden. Die Bauernopfer sind die palästinensischen Flüchtlinge und ihre Nachkommen in den arabischen Ländern, denen einerseits fundamentale Rechte vorenthalten, und andererseits Märchen von einer „Rückkehr“ ins israelische Kernland erzählt werden. Selbst unter prowestlichen, gebildeten, christlichen Libanesen erntet man blankes Unverständnis mit dem Vorschlag, die ins Land geflüchteten Palästinenser aus den Lagern zu lassen, ihnen Arbeit zu erlauben und sie gesellschaftlich zu integrieren. Dabei wäre das in der arabischen Welt hochgeschätzte Deutschland eigentlich ein gutes Beispiel, wie ein Land nach einer selbst verschuldeten Kriegsniederlage mit Gebietsverlusten Flüchtlinge integriert und wirtschaftlich auf die Beine kommt. Doch hierfür müssten die Fakten zunächst anerkannt werden – und die sind der Liga so gleichgültig wie das Leiden der Palästinenser, deren Chancen auf einen eigenen Staat die kompromisslose Haltung der Nachbarn bei exakt Null hält.
Bereits der siebte Abschnitt der „Arabischen Charta der Menschenrechte“ zeigt, wie fern solche Fortschritte sind: „Alle Arten von Rassismus, Zionismus und Besatzung verstoßen gegen die menschliche Würde und sind ein Haupthindernis bei der Ausübung fundamentaler Völkerrechte; all diese Praktiken müssen verurteilt und eliminiert werden.“
Immerhin zehn Mitglieder der Liga haben die Charta, deren Einhaltung in vielen anderen Punkten die Situation der betroffenen Bevölkerung dramatisch verbessern würde, ratifiziert, darunter Diktaturen wie Syrien, Libyen und Saudi Arabien. Mit dem Jemen gehört auch ein Land zu den Unterzeichnern, das nach allen Maßstäben als Failed State gelten muss. Ganze zwei der derzeit neunzehn Mitglieder sind halbwegs demokratisch organisiert: Der Irak und der Libanon. Dementsprechend ist das Hauptanliegen der anderen hier vertretenen Regierungen, möglichst ungestört die eigene Bevölkerung drangsalieren zu können. Dabei hilft man sich gegenseitig auch in den Gremien der UNO, wo die Liga einiges diplomatisches Durchsetzungsvermögen beweist.
Zynischerweise könnte ausgerechnet die derzeit größte Gefahr für Israel die bis ins Mark antisemitische Liga etwas näher an die Realität führen: Vom iranischen Atomprogramm fühlen sich sämtliche arabischen Staaten nicht weniger bedroht als Israel. In Sicherheitskreisen gilt als ausgemacht, dass Saudi Arabien einen Überflug israelischer Bomber zumindest inoffiziell akzeptieren würde. Vielleicht entwickelt die Liga zum Eintritt ins Rentenalter ein wenig Altersweisheit. Zu wünschen wäre es den Menschen, die in den Mitgliedsländern leben müssen und nur träumen dürfen von einem Staatenbund der sich mit so zivilen Dingen befassen kann, wie Bananenkrümmungen.
Cicero
Montag, 22. März 2010
Die Arabische Liga wird 65
Besonders den letzten Teil finde ich interessant: Die Mitgliedsländer sind untereinander zerstritten oder gehen zumindest jeder den eigenen Interessen nach. Und Arabien fürchtet sich vor einer Atommacht Iran und steht einem bewaffneten Konflikt positiv gegenüber. Im Gegensatz zu Europa und den USA versuchen sie es nicht mit einer Appeasement-Politik, die schon bei Nazi-Deutschland versagt hat, auch wenn ihnen die Menschenrechte gleich sind. Den Arabern geht es nur darum, dass der Iran schwächer als sie bleibt. Sollte man sich so eine Steilvorlage nicht zu nutzen machen?
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen